Wenn es einen Preis für entschleunigte Blogs gäbe, wäre dieses hier wohl ein würdiger Anwärter darauf. Über zwei Jahre sind seit meinem letzten Eintrag vergangen. Und wenn ich bedenke, was in dieser Zeit so alles passiert ist (nicht zuletzt in den Themenfeldern Medien, Literatur, Kultur, Non-Profit, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik), dann wird mir schwindelig  und ich seufze.

Doch wem es ab und zu schwindelig wird und wer ab und zu seufzt, so habe ich mir sagen lassen, der lebt noch. Und das ist nicht die schlechteste Nachricht in einer Zeit voller sogenannter Dialoge, Debatten und Diskurse, in denen sich die Sprache eigentlich nur noch lebendig begraben fühlen kann. Aber wo etwas begraben ist, da wächst und blüht gelegentlich  auch etwas (und welkt manchmal auch wieder).

Das Welken, Wachsen und Blühen kennen wir ja nicht nur aus der pflanzlichen Natur, sondern auch aus zwischenmenschlichen, gemeinschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Aus Freundschaft und Liebe. Aus Staat, Kirche und Wirtschaft. Aus Sport, Kultur und Medien.  Vom australischen Great Barrier Reef bis hin zum ARD-Tagesschau-Studio in Hamburg (also von der Unterwasser-Flora und -Fauna mit wichtigen ökologischen Aufgaben bis hin zur teils unterirdischen Jargon-Flora  mit öffentlich-rechtlichem Bildungsauftrag): es wächst, blüht und welkt allerorten.

Und dazwischen?
Unsere Sprache!
Welkt oder blüht sie?

Viele Worte habe ich seit meinem letzten Blog-Eintrag  verloren.
Viele Worte habe ich seitdem eigenschöpferisch und unter Ausschluß jedweder Öffentlichkeit und Teilöffentlichkeit geschrieben.
Viele Worte habe ich in dieser Zeit angehört (beispielsweise via Radio, TV und Internet).

Und viele Worte habe ich auch wieder gelesen in Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen mit Druck-Auflagen von 1400  bis zu 632.000 pro Ausgabe und mit Erscheinungsrhythmen von täglich bis viermonatlich. Und was meine Buchlektüren betrifft, so muß ich wiedermal feststellen, dass die sogenannten Sachbücher alle anderen überwiegen. Aber nur, was das physische  Gewicht der Bücher betrifft. Denn ein Gedicht (also auch ein Lied) kann geistig schwerer wiegen als manches mehrhundertseitige Sachbuch.

Anyway: solche Lektüren bringen in mir Saiten zum Schwingen, die bedingen, dass ich ein gewisses Vertrauen auch in das Wachsen und Blühen von Dialogen, Debatten und  Diskursen habe, die sich (nicht zuletzt in öffentlich-rechtlich  und auch in privatwirtschaftlich organisierten Teilöffentlichkeiten und Öffentlichkeiten) ereignen. Und ich bin froh darüber und dankbar dafür, dass ich in einer Zeit lebe, in der ich das Welken, das Wachsen und das Blühen von Dialogen, Debatten und Diskursen vergleichsweise mühelos miterleben darf.